Was heißt das nun genau?
Ich kann mich nicht nur mit der deutschen Kultur und Lebensweise identifizieren, sondern auch mit der französischen und der spanischen und vielen weiteren, denn für mich gab und gibt es keine reine deutsche oder französische Kultur.
Die Geschichte der Menschheit war schon immer von Expansionen, Eroberungen, Vermischung der Sprachen, Kulturen und Lebensweisen geprägt. Eine vollkommene Abgrenzung der verschiedenen Völker beziehungsweise Kulturen gab es meiner Meinung nie.
Heutzutage werden diese Vermischung und der Austausch im weitgehend friedlichen Sinne fortgeführt und gefördert. Zum einen durch Institutionen wie die Europäische Union und zum anderen durch technischen und digitalen Fortschritt. Manche sprechen unter diesem Aspekt von einer Homogenisierung der Kulturen und den Verlust der Heterogenität, aber ich bezweifle stark, dass wir alle irgendwann einmal einer „Einheitskultur angehören“, alleine schon dadurch, dass sich die Lebensstandards, Klimabedingungen, persönliche Hintergründe und andere Einflussfaktoren zwischen verschiedenen Regionen und Ländern erheblich unterscheiden.
Eine weitere Frage stellt sich mir: Was ist denn überhaupt der Unterschied zwischen zum Beispiel „deutsch“ oder „französisch“? Wodurch wird das Ganze denn definiert?
Dadurch, dass Deutsche nur Bier trinken und Weißwürste essen und Franzosen nur Wein und Baguette verkosten? Möchten wir uns wirklich durch Stereotypen einer Kultur zugehörig fühlen? Oder steckt da mehr dahinter, als wir jemals beschreiben können, um Referenz auf Platon und seine Welt/Wahrheit hinter unserer Welt/Wahrheit zu nehmen.
Diese Fragen konnte und kann ich selbst nicht beantworten.
Selbst nach längeren Aufenthalten im europäischen Ausland kann ich weiterhin nicht den konkreten Unterschied zwischen den Kulturen benennen.
Dies schafft gleichzeitig Gemeinsamkeiten und Differenzen, welche aber meiner Meinung nach nicht von einer Kultur abhängig sind, sondern von anderen Faktoren, wie die Erfahrungen, der persönliche Hintergrund, persönliche Charakteristika und weiteres.
Eine Prägung durch den Staat, in dem man aufwächst, will ich nicht abstreiten, aber ich denke der Mensch definiert sich durch mehr als nur durch die Zugehörigkeit zu einer Nationalität oder einer Kultur.
Zudem, was ist überhaupt Kultur? Ist der Sinn hinter der Abgrenzung der Kulturen beziehungsweise Völker nicht nur eigentlich dem Nationalismus geschuldet? Warum sollten wir also heutzutage dies noch Aufrechterhalten?
Wir haben größere Probleme, wie zum Beispiel den immer fortschreitenden Klimawandel oder die weiterhin bestehende Ungerechtigkeit in der Welt, um nur ein paar Herausforderungen unserer Zeit aufzuzählen.
Das Sprichwort „gemeinsam ist man stärker“ kommt nicht von irgendwo, denn auch schon früher wurden Eroberungen, Proteste oder Revolutionen nicht von alleine gewonnen, sondern nur mit der Unterstützung von vielen.
In diesem Sinne sollten wir meiner Meinung nach das „Einzelkämpferdasein“ zurückstellen und uns alle zusammenschließen, anstatt uns voneinander abzugrenzen. Natürlich bedeutet das dann auch immer Kompromisse einzugehen, aber es ist es wert, wenn es um das Wohl aller geht.
Aber warum bezeichne ich mich nun als europäisch und nicht als der Welt zugehörig?
Ich fühle mich natürlich auch der ganzen Welt zugehörig, aber durch die Klimabedingungen, der kontinentalen Verbindung, Institutionen wie die Europäische Union und den damit einhergehenden ähnlichen Lebensstandards in der EU eher europäisch.
Aus diesen Gründen plädiere ich gegen eine Abgrenzung zwischen den Kulturen, für das europäische Gefühl und für eine stärkere Europäische Union mit mehr Zusammenhalt, in der die Völker beziehungsweise Länder in Vielfalt geeint sind und für ihre Werte einstehen.
Mara Grimminger, Aktivistin und Studentin
Mitglied der Jungen Europäischen Föderalisten - JEF und Studentin des deutsch französischen Studiengangs Politikwissenschaften und Zusatzstudium nachhaltige Entwicklung