In den letzten Monaten begannen sich immer mehr US-amerikanische Befürworter*innen ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen hinter dem Konzept des „Green New Deals“ zu versammeln. Richtig gelesen „in den USA“, denn die Idee des „European Green Deals“ kann als eine Art europäisches Äquivalent dazu gesehen werden, mit einem feinen Unterschied: die Europäische Union (EU) hat diesen beschlossen und befindet sich in der Umsetzung.
Doch was sind solche „Green Deals“? Die Idee geht ursprünglich zurück auf die Reaktion des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelts während der Weltwirtschaftskrise: Unter dem Schlagwort des „New Deals“ setzte er von 1933-1938 eine Reihe weitgreifender Wirtschafts- und Sozialreformen durch. Die englische Redewendung des „New Deals“, meint dabei eigentlich die Neuverteilung von Karten, es findet ein Neuanfang statt. Während Roosevelt noch die Neugestaltung der Marktwirtschaft forderte, treten Vertreter*innen des Green New Deals für deren Ökologisierung ein.
Der European Green Deal – nur viele schöne Worte?
Am 11.12.2019 stellte die Kommissionspräsidentin der EU Ursula von der Leyen „Europe’s Man on the Moon Moment“ vor, womit sie nicht ganz schüchtern die neue Wachstumsstrategie der EU meinte, den „European Green Deal“ (EGD). Primäres Ziel des EGD ist es, dass die EU bis ins Jahr 2050 keine Netto-Treibhausemissionen mehr freisetzt. Dabei soll außerdem der Übergang zu einer „fairen, wohlhabenden Gesellschaft, die die mit Klimawandel und Umweltzerstörung einhergehenden Herausforderungen in Angriff nimmt und die Lebensqualität heutiger und künftiger Generationen verbessert“ (Europäische Kommission 2019: 29) gelingen.
Sehr viele schöne Wörter und ohne Zweifel ein ehrbares Ziel, doch besteht im Rahmen des EGD überhaupt die Möglichkeit ein solches Ziel zu erreichen? Oder ist der Fahrplan überhaupt ambitioniert genug? Sind die versprochenen Mittel ausreichend und woher kommen sie? Was ist mit dem Joint Transmission Fonds oder der ,Vom-Hof-zum-Tisch‘-Strategie gemeint? Überschreiten die Amtsträger (allen voran die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde) mit der Umsetzung des EGD vielleicht ihr Mandat und was hat die Europäische Investitionsbank mit all dem zu tun (beziehungsweise was soll das überhaupt sein)? Berechtigte Fragen, die immer wieder aufkommen.
Gemeinsam diskutieren und die EU entwickeln
Die Arbeitsweise der EU beruht laut ihren Statuten auf der repräsentativen Demokratie, die wiederum davon abhängig ist, dass mündige Bürger*innen sich einbringen. Um sich konstruktiv einzubringen, benötigt man eine Meinung. Eine fundierte Meinung fällt jedoch nicht vom Himmel. Nach Hannah Arendt ist eine Meinung eine „Ansicht unter vielen möglichen und wirklichen Ansichten” (Wahrheit und Politik 2017: 69). Sie entsteht durch das Beleuchten eines Gegenstands aus verschiedenen Perspektiven, also durch das Vermögen „mithilfe der Einbildungskraft, aber ohne die eigene Identität aufzugeben, einen Standort in der Welt einzunehmen, der nicht der [eigene] ist, und [sich] nun von diesem Standort aus eine Meinung zu bilden“ (ebd.: 61).
Wir versuchen zu informieren und laden Dich ein, mitzudiskutieren und somit konstruktiv an der Weiterentwicklung der EU mitzuwirken!
Von Anna-Marie Peter B.A.
Studierte in Regensburg Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Philosophie. Seit Dezember 2019 ist sie Teil des Shifting Values-Teams in Wien.